Ludwig van Beethoven, Fidelio op. 72, 1. Fassung 1805, Leonoren-Ouvertüre Nr. 2 (C-Dur), Partitur, Überprüfte Abschrift, mit Ergänzungen von Felix Mendelssohn Bartholdy
Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H. C. Bodmer, HCB Bk 3
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Wissenswert
Felix Mendelssohn korrigiert Beethovens Korrekturen
Felix Mendelssohn Bartholdy war zu seinen Lebzeiten nicht nur ein berühmter Komponist, sondern auch ein gefeierter Virtuose und Dirigent. Als einer der Wegbereiter der "historischen Aufführungspraxis" war er immer um Authentizität bemüht und setzte sich wissenschaftlich mit originalen Handschriften auseinander, um seine Konzerte akribisch werkgetreu aufführen zu können. 1840 plante Felix Mendelssohn zwei Konzerte, in denen alle vier existierenden Ouvertüren zu Beethovens Oper Fidelio (bzw. in den früheren Fassungen: Leonore) zu Gehör gebracht werden sollten. Dieses Programm war zu der Zeit reichlich ungewöhnlich, denn die unterschiedlichen Fassungen der Leonoren-Ouvertüren waren kein gängiges Repertoire - die 2. Leonoren-Ouvertüre war seit der Uraufführung 1805 nicht mehr gespielt worden! Der Verlag Breitkopf & Härtel in Leipzig besaß von dieser Ouvertüre die hier abgebildete überprüfte Abschrift, die damals einzig bekannte Handschrift dieser Komposition. Leider fehlen darin einige Seiten, und so fragte Mendelssohn schon 1838 den Wiener Autographensammler und -händler Aloys Fuchs, bei dem er selbst regelmäßig Kunde war, ob dieser nicht ein anderes Exemplar wüsste oder auftreiben könne. Da dies offensichtlich nicht der Fall war, Mendelssohn aber auch nicht auf den Programmpunkt verzichten wollte, ließ er die am Ende fehlenden Seiten 102 - 105 (Bilder 103 bis 106) durch den entsprechenden Abschnitt aus der 3. Leonoren-Ouvertüre ergänzen. Außerdem finden sich in der Partitur an vielen Stellen Eintragungen und Korrekturen von Mendelssohns Hand, so beispielsweise auf Seite 83 (Bild 84). Auf dieser Seite erscheint das berühmte Trompetensignal, das in allen drei Fassungen der Oper und in der 3. Leonoren-Ouvertüre zweimal erklingt. Auch hier hatte Beethoven es zweimal vorgesehen, dann jedoch mit Rötel die erste Fanfare durchgestrichen. Über den Grund dieser Streichung wurde viel spekuliert, Mendelssohn machte sie für sein Konzert wieder rückgängig. Über der entsprechenden Stelle vermerkte er mit Rötel "soll wohl bleiben? FMB" und ließ sie spielen. Auch die Partitur der Ouvertüre, die Mendelssohn als Erstdruck 1842 bei Breitkopf & Härtel herausgab, bildet die Mendelssohnsche Fassung ab, mit seinen Korrekturen und inklusive der Ergänzungen kurz vor Schluß. (J.R.)