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Digitales Archiv

Ludwig van Beethoven, Skizzenblätter zum Lied "Sehnsucht" WoO 134 und anderen Werken sowie Notizen, Autograph

Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H. C. Bodmer, HCB Mh 75

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Wissenswert

"Freie" Improvisation?

Beethoven begann seine Karriere nicht als Komponist, sondern als Klaviervirtuose. Erst sein nachlassendes Gehör zwang ihn umzusatteln. Seine Zeitgenossen verehrten ihn nicht nur ob seiner Kompositionen, sondern auch als tastengewaltigen Pianisten. So schilderte Carl Czerny in seiner "Pianoforte-Schule" von 1842: "Beethoven war in seiner Blütezeit einer der größten Pianisten und im Vortrag des gebundenen Spiels, im Adagio, in der Fuge und in seinen Improvisationen unübertrefflich". Beethovens pianistischer Ruhm gründete sich einerseits auf seinen technischen und virtuosen Fertigkeiten, andererseits auch - wenig verwunderlich - auf seiner Improvisationsgabe. So berichtet der seinerzeit berühmte Pianist Abbé Josef Gelinek nach einem Klavier-Wettstreit mit Beethoven: "An den gestrigen Tag werde ich denken! In dem jungen Menschen steckt der Satan. Nie habe ich so spielen gehört! Er fantasiert auf ein von mir gegebenes Thema, wie ich selbst Mozart nie fantasieren gehört habe." Auch Carl Czerny bestätigt in seinen Erinnerungen, dass Beethoven durch seine Improvisationen "in den ersten Jahren nach seiner Ankunft in Wien das meiste Aufsehen erregte".

Zweifellos war Beethoven ein Meister seines Fachs. Freies Fantasieren auf dem Klavier war für ihn sicherlich keine unüberwindbare Anforderung. Wie alle echten Spezialisten spielte er jedoch nicht nur aus dem Ärmel, sondern bereitete sich gewissenhaft darauf vor. Dies belegen die hier abgebildeten Skizzenblätter, auf denen Beethoven sich neben Notenskizzen auch Notizen zum Improvisieren und Fantasieren machte. Zwar notierte Beethoven auf Bl. 3r: "Man fantasirt eigentlich nur, wenn man gar nicht acht giebt, was man spielt, so - würde man auch am besten, wahrsten fantasiren öffentlich - sich ungezwungen überlassen, eben was einem einfällt". Dies klingt jedoch nach einer Idealvorstellung, der man nicht immer nachkommen kann. So hält Beethoven auch auf der Rückseite, Bl. 3v, ein Konzept fest, nachdem improvisiert werden kann: "Lied variirt am Ende Fuge und mit pianissimo aufgehört [.] Auf diese Art jede Fantasie entworfen und hernach im Theater ausgeführt." Mit anderen Worten: was seine Zeitgenossen bei öffentlichen Auftritten als freie Improvisation bejubelten, war durchaus vorher zu Hause vorbereitet worden - und sei es nur als Gerüst, das dann im Konzert noch verfeinert und verkleidet wurde. (J.R.)

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