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Digitales Archiv

Ludwig van Beethoven, Brief an Heinrich von Struve, Wien, 17. September 1795, Autograph

Beethoven-Haus Bonn, NE 375

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Zusammenfassung

Beethoven bemitleidet seinen Freund, der sich nach Russland aufgemacht hatte (Struve war Diplomat für Russland), dass er "jezt in dem Kalten Lande [sei], wo die Menscheit noch so sehr unter ihrer Würde behandelt wird". Aus der gemeinsamen Bonner Zeit weiß Beethoven, dass diese Verhälftnisse wider Struves Denkungsart, wider sein Herz und überhaupt wider sein ganzes Gefühl geht. Beethoven fragt sich, wann der Zeitpunkt kommt, "wo es nur Menschen geben wird", zweifelt aber daran, dass dieser glückliche Zeitpunkt in naher Zukunft an allen Orten der Welt eintreten wird - "das werden wir nicht sehen, da werden wohl noch Jahrhunderte vorübergehen".

Beethoven kondoliert Struve zum Tod seiner Mutter und äußert einige Gedanken zum Tod allgemein. Außerdem berichtet er von Reiseplänen nach Italien und Russland. Er richtet Grüße der Bonner Freunde Franz Gerhard Wegeler und Lorenz von Breuning aus, die zur Zeit ebenfalls in Wien sind.

Brieftext: "Wien den 17ten Septembr. Lieber! daß du mir hieher geschrieben hast, hat mich unendlich gefreut da ich mir's nicht vermuthete. du bist also jezt in dem Kalten Lande, wo die Menscheit noch so sehr unter ihrer Würde behandelt wird, ich weiß gewiß, daß dir da manches begegnen wird, was wider deine Denkungs-Art, dein Herz, und überhaupt wider dein ganzes Gefühl ist. wann wird auch der Zeitpunkt kommen wo es nur Menschen geben wird, wir werden wohl diesen Glücklichen Zeitpunkt nur an einigen Orten heran nahen sehen, aber allgemein - das werden wir nicht sehen, da werden wohl noch JahrHunderte vorübergehen. den Schmerz, den dir der Tod deiner Mutter verursacht hat, habe ich auch sehr gut fühlen können, da ich fast zweimal in dem nemlichen Fall bey dem Tode meiner Mutter und meines vaters gewesen bin. wahrlich wemsollte es nicht wehe thuen, wenn er ein Glied aus einem so selten anzutreffenden Harmonischen Ganzen wegreißen sieht - man kann nur noch hiebey vom Tode nicht ungünstig reden, wenn man sich ihn unter einem lächelnden sanft hinüberträumenden Bilde vorstellt, wobey der Abtretende nur gewinnt. -- ich lebe hier noch gut, komme immer meinem mir vorgestekten Ziele näher, wie bald ich von hier gehe, kann ich nicht bestimmen, meine erste Ausflucht wird nach ytalien seyn, und dann vieleicht nach Rußland, du könntest wir wohl schreiben, wie hoch die reise von hier nach P. kömmt, weil ich jemanden hinzuschicken gedenke sobald als möglich. deiner Schwester werde ich nächstens einige Musik von mir schicken. Professor Stup von bonn ist auch hier. Grüße von Wegeler und Breuning an dich. ich bitte dich mir ja immer zu schreiben, so oft du kannst, laß deine Freundschaft für mich sich nicht durch die Entfernung vermindern, ich bin noch immer wie sonst dein dich liebender Beethoven." (J. R.)

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