Ludwig van Beethoven, Brief an Anton Diabelli, Hetzendorf, Ende Mai/Anfang Juni 1823, mit Haarlocke, Autograph
Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H. C. Bodmer, HCB Br 115
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Hörbrief
Zusammenfassung
Beethoven rät dem Verleger Diabelli, seine Ausgabe von op. 111 nach der Pariser Originalausgabe zu stechen, er werde sie dann korrigieren. (Die ebenfalls zur gleichen Zeit erschienen Ausgabe von Sauer & Leidesdorf lehnt er ab.) Sowohl dem Originalverleger Schlesinger als auch dem Verleger des Nachdrucks, Leidesdorf, geschehe es recht, dass Diabelli jetzt eine korrekte Ausgabe herausbringe (Beethoven hatte sich über die vielen Stichfehler bei Schlesinger geärgert, den Druck von Sauer & Leidesdorf fand er nicht besser). Außerdem erbittet er sich vier Belegexemplare.
Beethoven bittet Diabelli zudem um ein Darlehen von 300 Gulden W. W. auf 14 Tage, da er durch seine Augenkrankheit nicht arbeiten konnte. Er werde bald ein Werk (op. 125) abschließen und dann auch wieder Geld erhalten. Möglicherweise benötige er den Kredit auch nicht, wünsche aber Sicherheit zu haben, falls er kurzfristig Geld brauche.
Beethoven ist auf den Betrag auch wegen der Subskription der Missa solemnis op. 123, mit der er nicht zufrieden ist, angewiesen. Nicht nur, dass die Subskription sehr schleppend lief, auch musste Beethoven die bestellten Exemplare vorfinanzieren. Beethoven bittet Diabelli, sich immer nur an ihn persönlich zu wenden, da Schindler und Johann van Beethoven nicht zu vertrauen sei. (J.R.)
Wissenswert
Haarlocken berühmter Verstorbener waren im 19. Jahrhundert geschätzte Andenken. Oft faßte man sie in Schmuckstücke und bewahrte sie über Generationen hinweg auf. Auch Locken Beethovens waren bei den Freunden und Verehrern des Komponisten sehr begehrt. Nach Beethovens Tod kamen zahlreiche Besucher in die Wohnung des Verstorbenen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Anscheinend nutzten viele von ihnen die Gelegenheit, vom Haupt des Toten eine Locke abzuschneiden. Denn Gerhard von Breuning, der Sohn von Beethovens Jugendfreund Stephan von Breuning, erzählt: "Am 29. März, als ich mit meinem Vater in die Trauerwohnung hinüber ging und einige Haare Beethovens abschneiden wollte - Vater hatte mir dies erst gegen Ende der Aufbahrung tun zu dürfen zugestanden, um das Aussehen [Beethovens] nicht früher zu verunstalten -, fanden wir, daß fremde Hände bereits alle abgeschnitten hatten." (Gerhard von Breuning: Aus dem Schwarzspanierhause, Erinnerungen an Ludwig van Beethoven aus meiner Jugendzeit. Wien 1874) (S.B.)