Ludwig van Beethoven, Fantasie für Klavier (H-Dur, Anfang in g-Moll) op. 77, Autograph
Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H. C. Bodmer, HCB Mh 8
digitalesarchiv@beethoven.de
Klingendes Autograph
Wissenswert
Originell in den Harmonien, schwierig in der Ausführung
Das Autograph der Fantasie für Klavier op. 77 ist eine Reinschrift. Da das Manuskript selbst Stichvorlage der Originalausgabe bei Breitkopf & Härtel war, hat Beethoven das Autograph ordentlich und sauber geschrieben, es trägt nahezu keine Korrekturen. Schon die Zeitgenossen bemerkten, dass Beethoven mit dieser Fantasie einmal mehr die Bahnen des Althergebrachten verließ und sich zu neuen, ungewohnten Formen und Harmonien aufmachte. So schrieb der Kritiker der Wiener allgemeinen musikalischen Zeitung 1813: "So oft die Rede von neuen Beethoven'schen Musikstücken ist, wird fast jeder, der mit Herrn B-s Komposizionen nur einigermaßen vertraut ist dieses neue Stück sich unter einer zweifachen Beziehung vorstellen; 1) als ganz originell in seinen Harmonien, Form und Modulazionen 2) als sehr schwierig in der Ausführung. Dieser doppelten Erwartung entspricht obige Fantasie vollkommen."
Ein weiterer Aspekt der Fantasie op. 77 kommt ebenfalls in der Kritik zur Sprache, die "Illusion des Improvisierens". Zwar war es das Wesen einer Fantasie, freie Improvisation nachzubilden und nicht einem festgefügten Schema zu folgen. Dennoch war eine Fantasie ein Stück, das die Improvisation nur nachbildete und keineswegs den Eindruck erweckte, der Interpret improvisiere tatsächlich. Nicht so bei op. 77, wo für die Zeitgenossen die Täuschung fast vollkommen war. Die Klavierfantasie klinge fast so wie Beethovens freie Improvisationen, urteilten Zeitgenossen, die den Komponisten schon hatten frei fantasieren hören. (J.R.)