Ludwig van Beethoven, Skizzenblatt zum Streichquartett op. 59,3, 1. Satz, Autograph
Beethoven-Haus Bonn, BH 100
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Wissenswert
Irreführende Wasserflecken
Das Einzelblatt BH 100 enthält autographe Skizzen zum ersten Satz des Streichquartetts op. 59 Nr. 3. Inhalt und Papier belegen, dass es ursprünglich ein Doppelblatt mit einem anderen Skizzenblatt im Beethoven-Haus, HCB Mh 72, bildete. Im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien befindet sich innerhalb eines Konvoluts (A 36, S. 1-4) ein weiteres Doppelblatt mit Skizzen zum ersten Satz des selben Quartetts. Papier und Inhalt belegen, dass es sich hierbei um die zweite Hälfte des Papierbogens handelt, dem auch die beiden Bonner Blätter angehören. Mit anderen Worten: die Bonner und die Wiener Blätter bilden zusammen eine Lage. Alle Blätter tragen Wasserflecken, anhand derer man eine Reihenfolge erstellen kann. Demnach stellten die beiden Bonner Blätter das äußere, die Wiener Blätter das innere Doppelblatt dar. Betrachtet man jedoch den Inhalt der Skizzen genauer, so kann diese Reihenfolge nicht stimmen. Chronologisch gesehen, hat Beethoven zuerst die Bonner Blätter (an erster Stelle HCB Mh 72, an zweiter BH 100) beschriftet, dann die beiden Wiener Blätter. Welche Reihenfolge ist richtig, die inhaltliche oder die, welche die Wasserflecken vorgeben? Der Inhalt macht deutlich, dass die beiden Doppelblätter zum Zeitpunkt ihrer Beschriftung nicht ineinander lagen. Zudem hat der Zwischenfall, der den Wasserschaden an den Rändern verursachte, auch an einigen Stellen dazu geführt, dass die Tinte verlief - die Blätter wurden also klar vor dem "Unfall" mit dem Wasser beschriftet. Ebenso wie die Stichlöcher stammen die Wasserflecken aus der Zeit nach dem Gebrauch. Wir können also davon ausgehen, dass Beethoven die Blätter zur Zeit ihrer Gebrauchs nicht in einem Buch gebunden hatte und sie nach Beschriftung umsortierte, d.h. in anderer Reihenfolge ineinander steckte. In dieser anderen Reihenfolge wurden sie dann durch Wasser beschädigt. Ein weiteres Beethovenautograph trägt Wasserflecken und stammt aus dem selben Jahr 1806: die Appassionata op. 57. Der Grund der Beschädigung der Klaviersonate ist überliefert: Beethoven weilte in Grätz bei Fürst Lichnowsky, verließ diesen Sommeraufenthalt jedoch vorzeitig im Oktober 1806. Bei seiner Rückreise nach Wien wurde er von einem Gewitter überrascht. Möglicherweise hatte er im Gepäck auch die Skizzen zu op. 59 Nr. 3, die auf diese Weise ebenfalls in den Regen kamen. (J.R.)