Ludwig van Beethoven, Skizzen zu Fidelio op. 72, 1. Fassung 1805 und Abschriften von Opern Cherubinis und Mozarts, Autograph
Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H. C. Bodmer, HCB BSk 17/65a
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Wissenswert
Mozart und Cherubini als Vorbilder
Das vorliegende Skizzenblatt entstand in dem Jahr 1804, als Beethoven sich intensiv mit der Komposition seiner Oper Fidelio beschäftigte. Dies belegen nicht nur die Skizzen zum Duett Marzelline-Jaquino auf Bl. 2r, 3r und 3v (Bilder 3, 5 und 6), in denen sich Beethoven hauptsächlich mit Jaquinos Satz "Da war ich so herrlich im Gang und immer entwischt mir der Fang" auseinandersetzt (er plante offenbar zu diesem Stadium noch, beide, Jaquino und Marzelline, nacheinander singen zu lassen, während sie in der fertigen Oper ihre Verse gleichzeitig singen). Auch Abschriften anderer Bühnenwerke zeugen von Beethovens Arbeit an seiner eigenen Oper. Im Zuge der Entstehung des Fidelio studierte Beethoven viele Ensembles aus Mozarts Opern. Er kopierte sich dabei immer nur die Singstimmen in der Hoffnung, in diesem Bereich etwas von Mozart lernen zu können (Orchestersätze meisterte Beethoven souverän und ersparte sich daher die Abschrift). Auch auf dem vorliegenden Blatt findet sich ein Ausschnitt einer Mozartoper. Auf Bl. 1r (Bild 1) kopierte Beethoven acht Takte aus dem Quintett der drei Damen, Papageno und Taminos aus dem 1. Akt der Zauberflöte. Es handelt sich hier um jene acht Takte zu dem Text "denn durch sie [die Zauberflöte] wird Menschenglück und Zufriedenheit vermehrt", in denen der Satz die Homophonie verlässt, die Stimmen also ihre gleichgeschaltete Bewegung aufgeben und sich auffächern. Beethoven interessierte sich sehr für derlei kompliziertere Bauformen des Vokalsatzes - kein Wunder, dass er sie sich notierte. Auf der Rückseite des gleichen Blattes finden sich weitere Abschriften einer Oper, die lange Zeit nicht identifiziert werden konnte. Mittlerweile weiß man, daß es sich um die in dieser Zeit außerordentlich erfolgreiche Oper "Les deux journées" von Luigi Cherubini handelt (auch: "Der Wasserträger", "Graf Armand" oder "Die Tage der Gefahr"). Beethoven notierte sich Ausschnitte aus dem Terzett und dem Finale des 1. Akts. Auch hier handelt es sich um eine sich verzahnende musikalische Struktur. (J.R.)