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Digitales Archiv

Clemens Brentano, Gedicht "O ewiger, Allgegenwärtiger!" zur Silberhochzeit von Franz und Antonie Brentano am 23. Juli 1823, Autograph, Fragment

Beethoven-Haus Bonn, NE 342 d-f

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Zusammenfassung

For the silver wedding anniversary of Franz and Antonie Brentano on July 23, 1823, Franz's half-brother Clemens Brentano had written a long and serious poem, presenting late Brentano family members and alluding to family anecdotes. Father Peter Anton (1735-1797), stepmother Maximiliane (née von La Roche, 1756-1793) and half-sister Sophie (1776-1800). For the verses about Sophie, Clemens had pictured the portrait miniature of his oldest sister that shows her head resting on her left hand, which, at the same time, covers her left eye. As a child, Sophie has lost her eye in an accident. Before Franz became engaged to Antonie, it had been Sophie's duty to take a closer look at her.

Together with a text (missing here), the three poems constitute a unit. In the Frankfurt Brentano edition, the missing part reads as follows: "O ewiger, Allgegenwärtiger! in Zahlen / Giebst du Geheimnissen Gestalt. Mit Strahlen / Preißt Licht ausbrechend aus dem Kern, den Herrn. / Fünf Lichtes Zungen preißen dich im Stern, / Fünf Zungen in der Blume, in der Krone / Fünf Sinne in dem Menschen Kind. Im Gottessohne / Fünf Wunden! O du wurderheil'ge Zahl! / Fünf Heiles Quellen aus der fünfach herben Qual! / Zahl! die den Bräutigam der Kirche treu vermählt / In dir der Mensch sein Ehefest auch zählt. / So wird, weil heilge Zahl sich selbst heut mehrt, / Das Fest der Ehe silbern heut geehrt. / Frommt's, Grüß' euch auch der goldne Tag auf Erden! / Und dort der lichte Tag, wo sie nicht freien werden, / Wo Alle wir nur eine einzge Braut, / Die Kirche sind dem Bräutigam getraut, / Daß wir zu solchem Ehefest uns üben, / Laßt durch die Kirche uns im Heiland lieben. / Wir Kinder suchen heute spielen ihn, / Nach Golgatha laßt uns durch Kana ziehn! / Zur Hochzeit sind wir Seelen auch geladen, / Wir blicken her an diesem Tag der Gnaden / Von Trähnenbächen aus dem andern Lande / Und flehn: Helft reinigen die Festgewande, Auf daß wir Hochzeitlich einst sind gekleidet / Beim Mahl, das uns der Königsohn bereitet."

Text NE 342 e: "der seelige Vater Peter Anton / an seinen Sohn Franz Brentano am silbernen / Hochzeitsfest. / den Vater und die Mutter sollst du ehren, / daß deine Tage lang auf Erden währen! / Ja! liebes Paar, da[s] hast du treu gethan / drum sehn sie segnend euer Fest mit an. / Ich Peter Anton war ein strenger Mann / doch du mein Franz! fielst niemals in den Bann, / denn dienend, darbend, hast du treu erworben, / durch dich nur bin ich sorgenlos gestorben / Rücklassend eine manichfache Glut / In meiner Länder Herz in deiner Hut! / Ein Musterleben lebtest du in Treue / Und alle huldigen dir in Lieb und Reue. / Ich hab dein Weib dir selber auserlesen, / Aus dreien ist die rechte sie gewesen. / Hierin auch warst du mir ein frommer Sohn! / Was du mir warst, das werde dir zum Lohn! / Gönnt Enkel! meiner Seele ihre Ruh' / Ich rufe euch aus meinem Grabe zu: / den Vater und die Mutter sollt ihr ehren, / daß eure Tage lang auf Erden währen!"

Text NE 342 d: "Die seelige Mutter Maximiliana / an den Sohn Franz Brentano am silbernen / Hochzeitsfest. / Heil deinem Fest! mein Franz, mein Sohn, mein Freund. / Du meiner Lieder Bruder Trost und Halt, / die heißer nicht, als du um mich geweint, / Schon oft ist meine seele dir genaht, / Und legte kühlend dir auf heiße Wunden / das Mutterherz, das du in meiner Brust gefunden. / Auch heut zu deinem Feste kehr ich wieder. / Und lasse auf dein gutes Weib mich nieder / Und auf mein Patchen und auf All die deinen, / durch meinen Dank gen dich, sind sie die Meinen, / was mich betrübte, Franz, / betrübte dich, / dein Herz hob stets bei meiner Freude sich, / So dank ich segnend denn in reiner Liebe. / Tust ja kein Seelenzug der nicht gesegnet bliebe!"

Text NE 342f: "Die seelige Schwester Sophie / an den Bruder Franz Brentano am silbernen / Hochzeitstage. / Dies Bild, das einer andern Abbild war, / Stellt mich die eine andre Wurde dar, / Zu Ruhen, Sinnen, Schlummern birgt ihr Haupt / Ein Aug arm lehnend, Mir war es geraubt, / Das Andre blickt gar innig in die Zeit, / So thu auch ich aus meiner Ewigkeit / Zu dir und ihr, um die ich treu dir warb, / Selbst unerwerblich, warb ich dir, und starb. / Mein Theurer Bruder, liebe Toni, sagt mir an, / Hab ich euch gut gewählt, ist aller Wahn, / des Sinnenthaues Rausch ist er zerronnen, / Steht bald die Wahrheit nackt im Licht der Sonnen, / Die keusche Wahrheit, die vom Fleisch entkleidet / In Kreuzes form die Arme in uns breitet? / Ich habe zur Erkenntniß euch verbunden, / Dann ward das blinde Aug mir dort entbunden. / Jezt seh ich hell, und kenn' ein andres Lieben, / Oh ihr, die in der Gnadenraum geblieben, / Wo meines Liebsten Blut zur Erde thaut' / Schminckt opfernd meine Wangen, daß ich Braut / Zum blut'gen Keltertreter blühend ein kann ziehen, / Füllt meine Lampe an, euch ists verliehen. / Ihr stehet bei dem Wein, ich bei den Tränen, / Hier ist es ernst, o kühlt mein heißes Sehnen, / Für mich aufopfernd wahren Weinstocks Blut, / Auf daß die Ruhende ganz seelig ruht, / Nur dieser Kelch des Fests kann mir gesunden, / Seit beide Augen sich dem Licht entbunden. / Daß mir nichts fehle, mögt ihr liebend denken, / Gebt der Geringsten einen Trunk den Herrn zu Tränken." (F. G.)

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