Ludwig van Beethoven, Skizzenblatt zu "Christus am Ölberge" op. 85, Autograph
Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H. C. Bodmer, HCB Mh 69
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Wissenswert
Skizzenblatt als Verbindungsstück
Das Skizzenblatt mit Arbeiten zu Beethovens einzigem Oratorium, "Christus am Ölberge" op. 85 entstammt dem sog. Wielhorsky-Skizzenbuch, aus dem es im 19. Jahrhundert entfernt wurde. "Wielhorsky" ist mit jetzt 87 (von insgesamt 96) Blättern noch fast vollständig und teilt nicht das Schicksal der Mehrzahl Beethovenscher Skizzenbücher, die von Sammlern im 19. Jahrhundert geplündert und in alle Welt verteilt wurden. Während acht der neun fehlenden Blättern des Buches die letzten beiden Lagen bildeten und demnach am Ende abgetrennt wurden, fehlt nur ein einziges Blatt aus dem Inneren des Buches: HCB Mh 69. Seine ursprüngliche Position läßt sich gut nachweisen, denn ausgerechnet dieses Blatt bildet inhaltlich eine Art Scharnier, denn hier entschloss sich Beethoven zu einer grundlegenden Änderung. Auf der Vorderseite skizzierte Beethoven die Arie Nr. 2 "Preist, preist des Erlösers Güte". Im Wielhorsky-Skizzenbuch beschäftigte sich der Komponist mit dieser Nummer auf den Seiten 110-131. Offensichtlich plante er zunächst (auf den Seiten 111 und 112) die Arie in einem geradtaktigen Metrum, nämlich im 2/4-Takt. Ab S. 114 des Buches tauchen Entwürfe zur gleichen Arie nur noch in einem Dreier-Metrum, im 3/8-Takt auf. Auf der Vorderseite des abgebildeten Skizzenblattes finden sich beide Möglichkeiten: in den Systemen 3-5 notiert Beethoven die Arie schon im 3/8-Takt, in den Systemen 13-14 noch (oder wieder) im 2/4-Takt. Inhaltlich muß dieses Blatt also zwischen die Seiten 112 und 114 des Wielhorsky-Skizzenbuches eingeordnet werden. Das letzte Detail der Zugehörigkeit liefert uns - wieder einmal - ein Tintenfleck. Im letzten Wort der untersten Zeile auf der Vorderseite des hier abgebildeten Blattes ist das Ende verkleckst. Auf Seite 112 des Wielhorsky-Skizzenbuches findet sich der exakte Abdruck dieses Tintenfleckes. HCB Mh 69r ist also die direkte Anschlußseite nach S. 112 des Wielhorsky-Skizzenbuches. (J.R.)