Ernst Ludwig Gerber, Brief an Ambrosius Kühnel in Leipzig, Sondershausen, 4. September 1811, Autograph

Gerber schreibt dem Verleger Kühnel in Bezug auf sein Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler, das 1812-1814 bei Kühnel in Leipzig erscheinen sollte. Gerber legt satztechnische Dinge fest und bespricht einzelne Artikel. Mozart bezeichnet er als den "ersten Jacobiner in der Musik". Von Beethoven schreibt er: "Ueber Beethoven bin ich gegenwärtig, das heißt: zwölf Jahre, nachdem ich seinen Artikel geschrieben habe, vollkommen Ihrer Meynung. Indeßen, wenn Mozart ein Recht hatte, seine Flügel zu brauchen und so hoch zu steigen, als er konnte und wollte und dadurch den musikal. Geschmack ganz umzukehren; so muß es auch Beethoven unverwehrt seyn, noch weiter zu gehn und es noch buntkrauser zu machen. Uebrigens habe ich mich hier wohl verschrieben. Nach meiner Ueberzeugung ist und bleibt Haydn der erste und größte Instrumentalkomponist; und so könnte man bey Beethoven schreiben: "einer der ersten und größten Instrumentalkomponisten." und das ist er jetzt auch. Sollten sich aber Nachahmer finden, und das Beethovisiren würde allgemein. Dann würde freylich ein unverständliches Chaos aus der Musik."