Schließen
 
Schließen Icon Schließen

Digitales Archiv

Ludwig van Beethoven, Skizzenblatt zum Wehrmannslied "Österreich über alles" von Heinrich Joseph von Collin Unv 18, zu "Mignon" op. 75,1 sowie zum Klavierkonzert Nr. 5 op. 73, Autograph

Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H. C. Bodmer, HCB Mh 79

Bild  / 2
DFG-Viewer Mirador-Viewer PDF
Icon Zoom in
Icon Schließen

Wissenswert

Lied aus Wut über Lärm?

1809 war politisch gesehen ein sehr ereignisreiches und entscheidendes Jahr. Napoleon wütete in Europa, am 10. April begann er den Krieg gegen Österreich. Unaufhaltsam drangen die Franzosen vor und standen am 10. Mai vor Wien. Bereits Anfang Mai 1809 hatte die kaiserliche Familie die Stadt verlassen (und kehrte erst im Januar 1810 wieder zurück). In der Nacht vom 11. zum 12. Mai wurde Wien von den Franzosen beschossen und kapitulierte am 13. Mai. Der Französisch-österreichische Krieg fand erst im Frieden von Schönbrunn am 14. Oktober ein Ende. Während Beethoven Anfang 1809 noch über das Angebot einer königlichen Kapellmeisterstelle in Kassel bei Napoleons Bruder Jérôme Bonaparte nachdachte, verlor er im Laufe des Jahres jegliche Sympathien für den französischen Kaiser. Im Gegenteil, seine Haltung wurde nun stark national-patriotisch. In diesem Zusammenhang ist auch die Skizze zu Collins Wehrmannslied auf dem vorliegenden Blatt zu sehen. Heinrich Joseph Collin (1771-1811) war von Beruf Jurist in der Hoffinanzstelle. Außerdem arbeitete er als Publizist und Dichter patriotischer Lyrik. Wegen seiner 16 "Lieder österreichischer Wehrmänner", die er 1809 verfaßte, wurde Collin von den Franzosen verfolgt. Diese Lieder erfreuten sich in der österreichischen Bevölkerung außerordentlicher Beliebtheit und wurden von vielen Wiener Komponisten vertont. Beethoven machte sich an unterschiedlichen Stellen Skizzen zu einem der Wehrmannslieder, "Östreich über alles", das er offenbar für Chor und Orchester umsetzen wollte (allerdings schließlich nicht fertig ausführte). Franz Gerhard Wegeler und Ferdinand Ries berichten 1838 in den "Biographischen Notizen über Ludwig van Beethoven", der Komponist habe die Belagerung und Kanonade Wiens die meiste Zeit in einem Keller bei seinem Bruder Kasper verbracht und sich dicke Kissen auf die Ohren gepresst. Dennoch habe sich sein Gehör durch den Lärm der Beschießung dramatisch verschlechtert. Beethovens Absicht, Collins patriotisches Lied in Musik zu setzen, wird daher oft mit seiner Wut über die französische Kanonade in Verbindung gebracht, die entsprechenden Skizzen aus diesem Grund auf das Ende des zweiten Quartals 1809 datiert. Im Skizzenbuch "Landsberg 5" befinden sich jedoch ebenfalls Skizzen zu Collins "Wehrmannslied". Diese können aufgrund ihrer Umgebung bereits auf März 1809 datiert werden. Somit wird auch die Beschriftung des vorliegenden Blattes wohl eher im ersten Jahresviertel 1809 zu veranschlagen sein - unabhängig von der Belagerung Wiens. (J.R.)

Mehr anzeigen Weniger anzeigen

Bibliothekarische Erschließung

© Beethoven-Haus Bonn
Anmerkungen senden an digitalesarchiv@beethoven.de