Clemens Brentano, Brief an Karl Joseph Windischmann in Bonn, Haltern, 11. Februar 1824, Autograph
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Zusammenfassung
Clemens von Brentano spent six years with Anna Katharina Emmerickim, a stigmatized Augustinian nun, in Dülmen in Westphalia. At her sickbed, he recorded her visions. He later added comments of his own and mixed them with poetic passages. On February 9, 1824, the nun died. In his letter to Karl Joseph Windischmann (1775-1839), a professor for philosophy and medicine in Bonn, Brentano mourns the loss and asks bishop Johann Michael Sailer or his diocesan priest to kindly inform Melchior von Diepenbrock in Regensburg about the nun's demise. Furthermore, he asks to tell his brother Franz that Anna Katharina, on her sickbed, had envisioned health treatments for his son Karl. Clemens Brentano was quite interested in the well-being of his nephew, the youngest son of Franz and Antonie Brentano. Karl (1813-1850) had a walking disability and the mental state of a toddler.
Text (from the Frankfurt Brentano edition): "Liebster Windischmann! Beikommenden traurigen Brief lese, gönne meinem Schmerz in deinem lieben Herzen ein Gefäß, das ihn vor Gott ausschüttet, und mache gleich ein Couvert darüber Adresse von Bischoff Sailer, oder Melchior Diepenbrok Weltpriester bei Herrn Bischoff Sailer Regensburg, ich bin zu betrübt zweimahl zu schreiben. - Da die geliebteste Freundinn, die treue, elendeste Kreuzträgerinn von ihrem Bräutigam uns unwürdigen entnommen worden, so melde nun an meinen Bruder, daß sie die Kur für Karl mit allen Bestimmungen angegeben, sie habe auf ihrem Sterbebett zu mir gesagt, als ich die Neugierde der Frau ihr in die von der Welt bereits abgeschiedene Taubheit gerufen, mit dem Ernst einer vor Gott tretenden Seele gesagt: Sagen Sie nur, es sey von mir. - Schreibe zugleich, daß ich nicht geläugnet in meinem lezten, daß ich darum wisse, daß ich nur geläugnet, Etwas dazu gesetzt zu haben, vielmehr habe ich vieles Andre, mir Ganz Unbekannte, was nicht zur Heilung und Erkenntniß des Uebels gehöre, nicht geschrieben, daß die Kranke ohne meine Veranlassung mir dieses von Gott unter Vielen aufgeopferten Schmerzen erfleht habe und gesagt: ich habe so viele Liebe von Ihnen empfangen, und Alles kömmt, was Sie haben vom Fleiß und der Treue ihres Guten Bruders und der [...] aller Armen, denen Gutes dadurch zugefloßen angefleht in drei Nächten dreimahl dieses erhalten. - Es ist also eine Sache des Danks gegen mich und die Meinigen, und die Ärmste [...] vor ihrem bereits Gefühlten Tod mir dankbar seyn. Es war eine ihrer lezten Gebetsarbeiten Gott segne sie! - Noch weiß ich keinen Ausweg, keine Zukunft, Gott muß helfen, ich hoffe dich wenigstens bald einmahl zu sehen. Lebwohl! Sie lebt nicht mehr, die Welt scheint mir viel leerer und schwerer! Ich schreibe diese beim guten Pfarrer Büttner zu Haltern, der mich liebt und mit mir trauert, er grüßt und segnet dich. Morgen fahre ich mit ihm nach Bocholt, die Leidenspost zu bringen. - Als van der Meulen nach Bocholt gieng, gab ich ihm mehrere Defect Bogen von Maistres Pabst für Bostel mit, die dieser noch nicht empfangen. Erinnere ihn. - Lasse eine Messe für die Verstorbene leßen und opfre sie mit Liebe auf, und gedenke meiner dabei, sie liebte dich herzlich. - Melde es der Frau Hirn, mit Trost und der Versicherung, sie habe sie bis zulezt Gott befohlen, und bitte um ihr Gebet für ihre Arme Seele!" (F. G.)