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Digitales Archiv

Ludwig van Beethoven, Skizzenblatt zum Streichquartett op. 131, Autograph

Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H. C. Bodmer, HCB Mh 96

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Wissenswert

Mehrfach zerteilt

Anhand dieses Einzelblattes aus einem Taschenksizzenheft läßt sich gut Überlieferungsgeschichte erklären: Wie im 19. Jahrhundert Autographen verschenkt oder verkauft wurden ohne Rücksicht auf die ursprüngliche Struktur oder Beschaffenheit des Autographs.

Das Blatt war ursprünglich Bestandteil eines Taschenskizzenheftes. Beethoven verwendete dazu 12zeiliges hochformatiges Papier, faltete es zweimal, heftete das gefaltete Papier auf dem einen Falz und schnitt die entsprechenden Kanten auf dem anderen Falz auf. Dergestalt erhielt er kleinere Hefte, die in eine Rocktasche paßten. So hatte er auch unterwegs Notenpapier dabei, um sich musikalische Einfälle notieren zu können. In dem Heft, zu dem das vorliegende Blatt gehörte, notierte er sich Ideen zu seinen späten Streichquartetten, hier Skizzen zum 4. Satz des Quartetts op. 131.

Nach Beethovens Tod war das Taschenskizzenheft im Besitz Anton Schindlers, Beethovens langjährigen Sekretärs. Schindler besaß viele Autographen Beethovens, sowohl Noten als auch Schriftdokumente (Konversationshefte, Briefe u.ä.). Alle Autographen in Schindlers Besitz hatte dieser allerdings nicht auf der Auktion mit Beethovens Nachlaß erworben. Schindler behauptete zwar immer, er habe sie von Beethoven vermacht bekommen in Anerkennung treuer Dienste. Dies darf jedoch angezweifelt werden. Wahrscheinlich hat er im Durcheinander unmittelbar nach Beethovens Tod vieles einfach an sich genommen. Zurück zu unserem Taschenskizzenheft.

Schindler übernahm das Taschenskizzenbuch vollständig. Schon ein halbes Jahr nach Beethovens Tod, im September 1827, trennte er 16 Blätter aus dem Skizzenheft heraus und verschenkte sie an den Pianisten Ignaz Moscheles. Doch auch Moscheles behielt sein Bündel nicht als solches, sondern nutzte es als Reservoir. Im Zuge der Errichtung des Beethovendenkmals in Bonn 1845 trennte auch Moscheles ein Blatt - "unser" Blatt - aus dem Bündel heraus und verschenkte es an Ernst Julius Hähnel, den Bildhauer, der die Statue entworfen hatte. Moscheles vermerkte auf der Vorderseite in einer Widmung: "Beethovens Handschrift. An H. Professor Hähnel zur Erinnerung an die Einweihung des Monuments in Bonn, welches in mir die höchste Bewunderung über die vollkommene Auffassung des unsterblichen Meisters erregte. August 1845. I. Moscheles".

Den Rest des Skizzenheftes verkaufte Schindler 1846 an die königliche Bibliothek in Berlin, heute Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz.

Für die Sammler des 19. Jahrhunderts hatten Autographen bei weitem noch nicht den Wert, den sie auf dem aktuellen Markt erzielen (heute wäre ein Beethoven-Autograph, selbst wenn es sich nur um eine solche Skizze handelt, ein völlig unerschwingliches Geschenk). Auch die Ehrfurcht vor der Unversehrlichkeit eines Dokumentes war noch nicht vorhanden. Bedenkenlos verschenkte man einzelne Blätter, die zuvor ohne Skrupel aus den Büchern oder Heften herausgeschnitten wurden. Viele von Beethovens Skizzenbüchern wurden auf diese Weise in alle Welt verstreut und können oft nur mühsam und einiger Spitzfindkeit rekonstruiert werden. (J.R.)

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