Auf Augenhöhe mit Johann Sebastian Bach
Neue Sonderausstellung im Beethoven-Haus zeigt Beethovens Beschäftigung mit der Kunst der Fugenkomposition. Zu sehen sind zahlreiche bedeutende Beethoven-Handschriften aus der eigenen Sammlung.
19.10.2022Sonderausstellung
Beethoven und die Kunst der Fuge
20. Oktober 2022 bis 29. Januar 2023
In diesem Jahr feiert die Musikwelt ein besonderes Jubiläum: Vor 300 Jahren stellte Johann Sebastian Bach den ersten Teil seines Klavierzyklus "Das Wohltemperierte Klavier" fertig, der zweite Teil folgte 1740/42. Bach schuf damit ein epochales Werk, das bis heute Interpreten und Komponisten fasziniert und inspiriert. Aus Anlass des Jubiläums zieht sich das „Wohltemperierte Klavier“ durch das Konzertprogramm des Beethoven-Hauses. Die neue Sonderausstellung, die ab dem 20. Oktober und bis zum 29. Januar 2023 zu sehen ist, befasst sich in diesem Zusammenhang mit der Frage, welchen Einfluss Bachs Vorbild auf Beethoven hatte und spürt Beethovens Beschäftigung mit dem komplexen Thema Fuge nach. Neben historischen Publikationen zur Fugenlehre werden Beethoven-Skizzen und eigenhändige Abschriften sowie seine Werkniederschriften der Prometheus-Variationen op. 35, des Rasumowsky-Quartetts op. 53 Nr. 3, der Klaviersonate op. 110 und der Diabelli-Variationen op. 120 gezeigt. "Nur sehr selten sind so viele Beethoven-Manuskripte an einem Ort zu sehen", so Julia Ronge, Kustodin des Beethoven-Hauses.
Schon in seiner Bonner Zeit wurde der junge Beethoven an die Kompositionstechnik der Fuge herangeführt. Er lernte mit dem Wohltemperierten Klavier von J. S. Bach modellhaftes Repertoire kennen, versuchte sich aber auch, wie frühe Skizzen zeigen, schon bald an eigenen Fugen. „Wenn wir Fuge hören, denken wir zu allererst an Johann Sebastian Bach und vielleicht auch an einige andere große Komponisten, aber normalerweise haben wir nicht automatisch Ludwig van Beethoven als Assoziation“, erläutert Julia Ronge, die gemeinsam mit Museumsleiterin Nicole Kämpken die Ausstellung kuratiert hat. "Dabei war Beethoven ein großartiger Fugenkomponist und hat sich sein Leben lang, von Kindesbeinen bis zu seinem Tod, mit Fugenlehre und Fugenkomposition beschäftigt. Beethoven hat viele verschiedene Fugentypen komponiert und in seine Meisterwerke eingebaut. Fuge war für Beethoven nicht nur ein strenges Regelwerk, sie war auch sein intellektuelles Hobby, und er hatte durchaus den Ehrgeiz, Bach dabei auf Augenhöhe zu begegnen und vielleicht sogar zu übertreffen."
Die Fuge ist die höchste Kunstform für Komponisten, was sich u.a. im umfangreichen Regelwerk widerspiegelt. Schon das eigentliche musikalische Thema muss eine bestimmte Bauweise haben, damit es weiterverarbeitet werden kann. Nicht nur der Einsatz der Themen und ihre versetzte Beantwortung, auch ihre Begleitung werden streng vorgeschrieben. Zudem gibt es zahlreiche Fugentypen, je nach Menge der Stimmen, Themen und ihrer Veränderungen.Fugenlehre gehört seit Hunderten von Jahren zur professionellen Musikausbildung, zunächst als Teil des Kontrapunkts, also der allgemeinen Lehre, wie mehrstimmige Musik zu komponieren ist, und spätestens ab dem 16. Jahrhundert als eigener Baustein. "Beethoven und alle seine Lehrer mussten im Tonsatzunterricht Fugen pauken, aber auch bei den heutigen Musikstudenten ist das noch so", so Ronge.
Beethoven studierte nicht nur das musiktheoretische Hauptwerk "Abhandlung von der Fuge" (1753) von Friedrich Wilhelm Marpurg, sondern auch andere zentrale Traktate wie Johann Philipp Kirnbergers "Kunst des reinen Satzes in der Musik" (1771–1779) und andere Theoretiker. Seine Faszination für diese komplexe Form schlug sich auch im eigenen Werk nieder, in dem er kontinuierlich immer wieder zahlreiche Fugentypen umsetzte und so eine Art eigenes Fugenkompendium in der Nachfolge Bachs schuf.
Öffnungszeiten des Museums
Mittwoch bis Montag – 10-18 Uhr
Kuratorenführung durch die Sonderausstellung
mit Dr. Nicole Kämpken
Samstag, 30. Oktober, 18:30 Uhr
Dienstag, 15. November, 15 Uhr
Die Führungen sind kostenlos. Eine Voranmeldung ist bis zum 20.10. bzw. 11.11. erforderlich an museum@beethoven.de; Tel. 0228 98175-25.
Bildmaterial zur Sonderausstellung zum Download
Bildunterschriften:
Beethovens Auszüge aus Johann Philipp Kirnbergers Lehrbuch "Die Kunst des reinen Satzes in der Musik", 1809-1815; Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H. C. Bodmer
Beethoven, Sonate für Klavier (As-Dur) op. 110, 3. Satz, Autograph, 1821/22; Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H. C. Bodmer
Johann Sebastian Bach (1685-1750), Stich, erschienen bei Breitkopf & Härtel, Leipzig, 1798/99; Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H.C. Bodmer
Beethoven, Große Fuge für Streichquartett (B-Dur) op. 133, Originalausgabe in Partitur, Artaria, Wien, 1827; Beethoven-Haus Bonn
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