Neues von der Neunten
Band der Neunten Symphonie Beethovens in der Neuen Gesamtausgabe erschienen. Erste Aufführung konnte noch vor dem Shutdown im belgischen Leuven stattfinden.
07.05.2020Bonn, 4. Mai 2020 - Beethovens Vertonung der "Ode an die Freude" im vierten Satz seiner Neunten Symphonie gehört ganz sicher zu den bekanntesten Kompositionen weltweit. Die Melodie wurde zur Hymne der Europäischen Union, und die "Ode" wird bei vielen Gelegenheiten gespielt und gesungen, bei denen Menschen ihre Verbundenheit miteinander ausdrücken möchten. Auch in Zeiten der Corona-Krise ertönt sie sonntags aus vielen Häusern, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Am 7. Mai vor 196 Jahren wurde die Neunte Symphonie op. 125 in Wien uraufgeführt.
Das Bonner Beethoven-Haus legt nun zum Beethoven-Jubiläumsjahr den Band der Neunten Symphonie op. 125 in der Neuen Beethoven-Gesamtausgabe vor. Die Edition wird vom Beethoven-Archiv erarbeitet und erscheint im G. Henle Verlag in München. Der Band mit der Neunten Symphonie wurde von Beate Angelika Kraus unter Mitarbeit von Bernhard R. Appel, Koreferat Christine Siegert, herausgegeben, die Editionsarbeiten von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius großzügig unterstützt. Der umfangreiche Band enthält den Notentext (239 Seiten) und einen Kritischen Bericht (140 Seiten). Daneben liegen bereits eine Studien-Edition und im Verlag Breitkopf & Härtel das gesamte Aufführungsmaterial einschließlich Dirigierpartitur und Klavierauszug sowie die Chorpartitur des Finalsatzes vor.
Am 11. März 2020, also noch kurz bevor alle Veranstaltungen wegen Corona abgesagt wurden, fand die erste Aufführung nach der neuen Ausgabe im belgischen Leuven mit Le Concert Olympique und dem Octopus Symfonisch Koor unter der Leitung von Jan Caeyers statt. Die beteiligten Musiker nahmen die Neuausgabe dabei als musikalisch völlig überzeugend wahr. Für das Publikum am ohrenfälligsten ist die neue Quellenbewertung der Kontrafagottstimme. So spielt das Instrument nun mit, wenn der Solo-Bariton im Finale zum ersten Mal die Freudenmelodie anstimmt. Und im Marsch „Froh, wie seine Sonnen fliegen“ klingt es eine Oktave höher als gewohnt. Neu ist auch die Art der Singtext-Unterlegung, die erstmalig Beethovens Vorstellungen dazu berücksichtigt: Bei "gedehnten“ Vokalen werden die End-Konsonanten nach der jeweils letzten Note platziert, und der Beginn der Verszeilen wird jeweils groß geschrieben.
Ergänzungen und Korrekturen betreffen auch die Entstehungsgeschichte des Werkes sowie Fragen der Provenienz und Identifizierungen der verschiedenen Kopisten. Der Band enthält Sonderkapitel zu den Metronom-Angaben, zu den Wiederholungen im II. Satz (er zählt nur noch 559 statt 954 Takte und folgt damit in der Notationsweise allen Quellen), zum Titel sowie zur Widmung des Werks und insbesondere zu Beethovens kompositorischer Aneignung von Schillers „An die Freude“. Erstmalig wurde der Frage nachgegangen, welche Ausgaben und Vertonungen von Schillers Gedicht für Beethoven verfügbar waren, bevor er seine Neunte Symphonie schrieb, und welche konkrete Textvorlage er im Finalsatz verwendete. Damit ist der Band weit mehr als eine Neuausgabe der Partitur. Die Lektüre gibt vielmehr auch neue Einblicke in Beethovens Werkstatt, sein Umfeld und die frühe Aufführungsgeschichte der Neunten Symphonie.
Kontakt: Für weitere Informationen und Rezensionsexemplare wenden Sie sich bitte an kraus@beethoven.de oder siegert@beethoven.de.
Bild: Bitte beachten Sie das Copright: Beethoven-Haus Bonn
Brief Beethovens an Kopist Peter Gläser (Ausschnitt): Im April 1824 kopierte Peter Gläser, Kopist am Josephstädter Theater, für Beethoven die Missa solemnis und die Neunte Sinfonie. Beethoven bittet in diesem Brief an ihn um mehr Sorgfalt bei der Abschrift. Er schreibt Gläser, er möge dafür sorgen, dass die Texte (bei der 9. Sinfonie, op. 125) so unterlegt werden, wie in der Vorlage vorgesehen und erläutert sein Prinzip der Textunterlegung.
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