BTHVN 2024
Am 7. Mai 1824 wurde die Neunte zusammen mit drei Sätzen aus der Missa solemnis und der Ouvertüre "Die Weihe des Hauses" in einer Akademie, wie man große Konzerte damals nannte, erstmals in Wien aufgeführt. Sie zählt zu den meist aufgeführten und bekanntesten Sinfonien und als das Werk der europäischen Musikgeschichte, das am stärksten politisch vereinnahmt worden ist. Als Europahymne hat die Melodie über Schillers Gedicht "An die Freude" im Finalsatz der Neunten eine besondere Bedeutung erlangt. "Wer die Neunte feiert, feiert die klassische Musik an sich und die Idee eines friedlichen Miteinanders", erläuterte Malte Boecker, Direktor des Beethoven-Hauses. "Das Jubiläum fordert aber auch die Auseinandersetzung mit der wechselvollen Geschichte ihrer politischen Instrumentalisierung und mit der Frage nach der Relevanz utopischer Musik in der Gegenwart."
Im Mittelpunkt der Jubiläumsveranstaltungen des Beethoven-Hauses standen zwei Festkonzerte am 7. und 8. Mai 2024 in der Historischen Stadthalle in Wuppertal. In den Konzerten wurde das Uraufführungsprogramm rekonstruiert – mit herausragende Solistinnen und Solisten, dem Orchester Wiener Akademie, einem der führenden Originalklang-Orchester, und dem WDR Rundfunkchor unter der Leitung von Martin Haselböck. "Zu ihrem runden Geburtstag präsentieren wir die Neunte erstmals wieder im Klang von 1824 und in der wahrscheinlichen Besetzung, der Aufstellung und der programmatischen Konstellation, die Beethoven selbst vorgegeben hatte. Das verspricht ein einzigartiges Erlebnis zu werden", freute sich Malte Boecker, Direktor des Beethoven-Hauses Bonn.
Die Festkonzerte wurden umrahmt von weiteren Veranstaltungen zur Rezeption und Relevanz der Neunten. Vom 3. Mai bis zum 19. August wurde im Museum die Sonderausstellung "Bernsteins Beethoven – Ode an die Freiheit" gezeigt. Sie vermittelte in ca. 100 Objekten die lebenslange Auseinandersetzung des amerikanischen Pianisten, Dirigenten, Autors und Produzenten mit Beethoven. Diese gipfelte Weihnachten 1989, kurz vor Leonard Bernsteins Tod, in den Berliner Aufführungen der Neunten, die im Kontext des Mauerfalls als "Ode an die Freiheit" legendär geworden sind. Die Ausstellung ermöglichte den Zugang zu Beethovens Werk im Allgemeinen und speziell zur Neunten über einen der wirkmächtigsten Musiker und Musikvermittler des 20. Jahrhunderts.
Am 3. Mai fand eine Europäische Filmpremiere im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses statt: In Kooperation u.a. mit ZDF und ARTE zeigte das Beethoven-Haus vor der regulären Ausstrahlung den Dokumentarfilm "Beethovens Neun – Ode an die Menschlichkeit", der zum Jubiläum entstanden war. Der zutiefst persönliche Film handelt von Beethovens Hoffnung auf eine bessere Welt, die er in seine neunte Sinfonie hineinkomponiert hat, und geht der Frage nach, wie weit wir in den zweihundert Jahren seit ihrer Entstehung in Bezug auf diese Hoffnung gekommen sind.
Vom 4. bis 6. Mai schloss sich eine internationale wissenschaftliche Tagung an, konzipiert von der Forschungsstelle Beethoven-Archiv und Birgit Lodes, Institut für Musikwissenschaften der Universität Wien. Die Tagung brachte über 30 internationale Expertinnen und Forschende im Beethoven-Haus zusammen. Sie befassten sich intensiv mit dem kulturhistorischen Hintergrund und der Rezeptionsgeschichte der drei Werke des Uraufführungsprogramms.
Den Abschluss der Jubiläumswoche bildete vom 8. bis 11. Mai das Kammermusikfest BTHVN WOCHE 2024 unter der künstlerischen Leitung von Daniel Hope, dem Präsidenten des Beethoven-Hauses. Hope widmete sich aus Anlass des Jubiläums unter dem Titel "Humanismus" in fünf Veranstaltungen der Frage, wie mit Musik eine Utopie ausgedrückt oder Haltung gezeigt werden kann.