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Gastprojekte

Sam Girling: Franz Alexander Pössinger und sein Beitrag zur Streichquartett-Kultur im frühen 19. Jahrhundert

Im frühen 19. Jahrhundert wandelte sich der Charakter der Kammermusik von einer privaten, häuslichen Praxis hin zum öffentlichen Raum. Im Mittelpunkt dieses Projekts stehen die Streichquartette von Franz Alexander Pössinger (1766–1827), einem österreichischen Geiger, Komponisten und Arrangeur, und ein Zeitgenosse und Freund Beethovens. Pössingers Werke für Streichquartett illustrieren auf faszinierende Weise die Rolle der Kammermusik in der Kanonbildung, im Musikverlagswesen und in der Hörkultur im Europa des frühen 19. Jahrhunderts.

Zu den häufigsten Streichquartett-Veröffentlichungen dieser Zeit gehörten Bearbeitungen von Symphonien, Konzerten und Opernwerken. Arrangements waren für Komponisten ein beliebtes und lukratives Mittel, um ihre Werke einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. In Ermangelung regelmäßiger öffentlicher Konzerte ermöglichten solche Arrangements einem interessierten Publikum, sich zu Hause mit den beliebtesten aktuellen Werken vertraut zu machen. Pössinger etablierte sich als kompetenter Arrangeur erfolgreicher Werke anderer Komponisten. Er stellte Streichquartett-Bearbeitungen vieler bedeutender Opernouvertüren von Komponisten wie Ludwig van Beethoven, Carl Maria von Weber, Gioachino Rossini, Joseph Weigl, Giacomo Meyerbeer, Adalbert Gyrowetz und François-Adrien Boïeldieu zusammen. Mehrere Quellen zu diesem Thema befinden sich in der Sammlung des Beethoven-Hauses, darunter ein Brief von Beethovens jüngerem Bruder Kaspar Karl, der Pössinger die Erlaubnis erteilt, Beethovens op. 43 ("Die Geschöpfe des Prometheus") für Streichquartett zu arrangieren.

Dieses Projekt soll beleuchten, inwieweit Arrangements dazu beitrugen, diese Popularität zu etablieren, und den allgemeineren Beitrag von Arrangements sowohl zur Verschmelzung von "populären" und "hohen" Kunstformen als auch zur Rezeptionsgeschichte der Oper des 19. Jahrhunderts in Deutschland und darüber hinaus untersuchen.

Dauer des Projekts: Oktober 2021 – März 2022 
Finanziert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst. 

Christopher Parton: Lieder in translation: "Englished" editions of nine Beethoven songs published by Clementi & Co, London

Anfang 1810 erhielt Muzio Clementis Londoner Verlag einige neue Kompositionen Beethovens, darunter heute berühmte Stücke wie das Fünfte Klavierkonzert (op. 73) und die "Les Adieux"-Sonate (op. 81a). Unter diesen Stücken, die Clementi & Co. gleichzeitig mit Breitkopf & Härtel veröffentlichten, waren auch neun Lieder: die sechs Lieder op. 75 und drei einzeln publizierte Lieder (WoO 136, 137 und 139). Als Clementi & Co. Beethovens Lieder für den Britischen Markt der Hausmusik vorbereiteten, entschieden sie sich, deren deutsche Texte ins Englische zu übersetzen und alle Lieder einzeln zu veröffentlichen. Im Unterschied zu Londoner Ausgaben von Beethovens Instrumentalmusik wurden diese Lieder für die Publikation stark überarbeitet.

Das Projekt untersucht, wie und warum Clementi & Co. Beethovens Lieder an die englische Liedkultur des frühen 19. Jahrhunderts anpassen mussten, die mit der deutschen Lied-Stilistik und der deutschen Sprache nicht vertraut war. Das Projekt fokussiert insbesondere die formalen Schwierigkeiten, die bei der Übersetzung der deutschen Lieder ins Englische auftraten, sowie die Frage, wie diese Übersetzungen den größeren Prozess der Übertragung von deutschen Liedern ins Englische beeinflussten. Auch die Rolle, die Beethovens Lieder für die Etablierung seines Renommees zu seinen Lebzeiten in Großbritannien spielten, wird untersucht.

Dauer des Projekts: September 2020 – Juli 2021 
Finanziert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst.

Leah Kang: Orchester im Salon: Bearbeitungen von Beethovens Ouvertüren für Klavierkammermusik (2018-2020)

Im digitalen Zeitalter wird Musik hauptsächlich elektronisch abgerufen. Anstatt an Live-Konzerten teilzunehmen, nutzen die meisten Menschen ihren Computer oder eines der vielen Geräte, wo Musik nur einen Klick entfernt ist. Ähnlich wurde Beethovens Publikum, obwohl er seine Werke mit einer spezifischen Instrumentierung komponierte, zumeist durch Arrangements mit seinen Werken bekannt. 

Arrangements wurden lange als sekundär und trivial betrachtet; es wurde ihnen lediglich pädagogische Bedeutung zugeschrieben. Daher wurden sie als solche von Wissenschaftlern und Musikerinnen weitgehend vernachlässigt. Einige dieser Werke wurden von Freunden Beethovens, anderen Komponisten, sogar dem Komponisten selbst arrangiert und decken ein breites Spektrum an kompositorischer Qualität ab. Die besten dieser Arrangements verdienen es, stärker ins Bewusstsein gerückt zu werden, da es sich um faszinierende Re-Imaginationen der Werke handelt. Sie ermöglichen Einblicke, wie Musik in Beethovens Zeit gehört und verstanden wurde. 
Ein verstärktes Interesse an Arrangements hat diese Werke ans Licht gebracht, doch ihr historischer Einfluss und ihre Notentexte sind nach wie vor größtenteils unerforscht. In enger Verbindung von historischer Kontextualisierung mit detaillierten Musikanalysen werden in diesem Projekt die Klavierkammerarrangements von Beethovens berühmtesten Ouvertüren - Coriolan, Egmont, Leonore III, Fidelio und Prometheus - von seinen Zeitgenossen Ignaz Moscheles, Johann Nepomuk Hummel, und Carl Czerny untersucht. Der Ansatz jedes Komponisten zur Reduktion der Orchesterpartitur für kleinere Besetzungen sowie die bedeutende Rolle, die die Arrangements im Musikleben des frühen 19. Jahrhunderts gespielt haben, werden analysiert.

Dauer des Projekts: 1. September 2018 - Februar 2020 
Finanziert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst.  

Leonardo Miucci: The Classical Viennese Piano School: Its Reception in Milan and Northern Italy during the First Half of the 19th Century (2017-2019)

Das Projekt soll Beethovens Einfluss in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf die norditalienische Klaviertradition generell, und auf die Milanesische im Besonderen, beschreiben. Die Beziehungen zwischen Beethoven und den wichtigen Klaviervirtuosen der Zeit (unter anderem Carlo Soliva, Francesco Pollini, Bonifazio Asioli und Giacomo Gottifredo Ferrari) werden dargestellt und der Einfluss des Beethoven'schen Klavierrepertoires auf den Milanesischen Klavierstil des 19. Jahrhunderts untersucht.

Veröffentlichungen siehe Katalog der Bibliothek.

Dauer des Projekts: 1. September 2017 bis 28. Februar 2019. 
Finanziert vom Schweizer Nationalfonds.